16.08.2022

Gezielte Therapie gegen gefährliche Blutgerinsel

Mit einer neuen Behandlungsmethode können in den Westküstenkliniken Lungenembolien gezielter und damit schonender behandelt werden. Mithilfe von Ultraschallwellen kann mit deutlich weniger Medikamenten der Blutfluss im Lungengewebe wieder hergestellt werden.

Eine Lungenembolie ist lebensgefährlich. Neben Schlaganfall und Herzinfarkt ist der Verschluss der Lungengefäße eine der häufigsten Todesursache in Deutschland. Und selbst wenn eine Embolie früh genug erkannt worden ist, blieben die Behandlungsmöglichkeiten bislang begrenzt. Mit Hilfe der ultraschallgestützten Gerinnsel-Fragmentierung durch einen speziell hierfür hergestellten Katheter soll sich das jetzt ändern.

„Um die Blutgerinsel in den Blutgefäßen aufzulösen, haben wir bislang stark blutverdünnende Medikamente gegeben. Diese so genannte Lysetherapie birgt aber das Risiko, dass es an anderen Stellen im Körper zu Blutungen kommen kann,“ erklärt der Chefarzt der Medizinischen Klinik II für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin, Prof. Dr. Patrick Diemert.

Mit dem neuen Verfahren wird wie bei einer Herzkatheter-Untersuchung über die Leiste ein Katheter bis zu dem verschlossenen Gefäß vorgeschoben. An der Spitze des Katheters befindet sich eine definierte Strecke von 6 oder 12 Zentimeter, je nach Größe des  Blutgerinnsels. Diese Strecke, auch Behandlungszone genannt, enthält Ultraschall aussendende Elemente, welche die geringe Dosis des blutverdünnenden Medikamentes in das Blutgerinnsel einmassiert.

„Durch die Schallwellen wird das niedrig dosierte Medikament genau dorthin gebracht, wo es wirken soll“, so Prof. Diemert. „Auf diese Weise müssen wir anstelle von 50 bis 100 Milligramm des Lysemedikaments nur noch knapp sechs Milligramm einsetzen. Das Blutungsrisiko ist dadurch deutlich reduziert. Die Ultraschallwellen spürt der Patient nicht.“

In diesen Tagen ist der erste Patient im WKK mit dem neuen System behandelt worden. Der 62 Jahre alte Mann hatte einen Herzstillstand erlitten, in dessen Folge eine Lungenembolie festgestellt worden war. Dank des neuen Verfahrens konnte er erfolgreich therapiert und bereits wieder aus der Behandlung der Kardiologen entlassen werden. Den Eingriff hatte Oberarzt Jeffrey Wood vorgenommen.

Nach Einschätzung des Kardiologen eignet sich das neue ultraschallgestützte Verfahren vor allem für Patient*innen mit einem hohen Risiko für Blutungen, für die man bislang aufgrund der damit verbundenen Gefahren nicht viel mehr tun konnte, als sie mit leichten Blutverdünnern zu behandeln und zu überwachen. Ferner eignet sich das Verfahren für Patienten mit sehr ausgedehnten Gerinnseln in den Lungen-Schlagadern bei denen langfristig eine Schwäche der rechten Herzkammer entstehen kann.

„Die Folge für manche Patientinnen und Patienten ist eine deutliche Schwächung ihrer Leistungsfähigkeit und des Herzens“, so Jeffrey Wood.

„Bei Patientinnen und Patienten die durch die Lungenembolie in einen Schock geraten und dadurch in Lebensgefahr schweben, ist die Lysetherapie weiterhin erste Wahl“ betont Chefarzt Prof. Diemert. Für viele andere Patienten stellt das Ultraschallverfahren jedoch eine schonende und effektive Behandlungsoption dar.