Brunsbüttel - Bereits seit Oktober 2005 muss Reinhard Meyer regelmäßig dreimal die Woche zur Dialyse ins Westküstenklinikum Brunsbüttel. Damit ist er der "dienstälteste" Patient der Fachabteilung, die in diesem März ihr zehnjähriges Jubiläum feierte. Dabei ist der 60-jährige keineswegs ein typischer Patient. "Das Durchschnittsalter der Menschen, die wir hier behandeln, beträgt 75 Jahre. Außerdem haben unsere Patienten, die zur Dialyse müssen, sehr häufig mehr als eine Krankheit", berichtet Dr. Henrik Herrmann, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin.
Bei der Dialyse - im Volksmund oft "Blutwäsche" genannt - handelt es sich um ein Blutreinigungsverfahren, das bei Nierenversagen (Niereninsuffizienz) zum Einsatz kommt. Ursachen sind oft Diabetes oder Gefäßkrankheiten. Durch eine entsprechende Apparatur können Substanzen wie zum Beispiel Harnstoff, die in zu großer Konzentration schädlich für den Körper wären, aus dem Blut entfernt werden. "Je länger eine solche Blutreinigung dauert, desto besser wirkt sie. Aber das erfordert bei unseren Patienten eine ganze Menge Geduld", erklärt Dr. Christiane Sause. Die Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologin (Nierenfachärztin) kommt einmal wöchentlich aus dem WKK Heide nach Brunsbüttel, um mit ihren Kollegen vor Ort die anstehenden Therapien zu besprechen und zu optimieren.
Erste Ansprechpartner für die Patienten auf der Station sind jedoch die Pflegekräfte unter der Leitung von Kerstin Engelbrecht-Witt, die selbst über die pflegerische Fachweiterbildung Nephrologie verfügt. Aber auch die anderen Pflegekräfte sind im Bereich der Dialyse entsprechend qualifiziert worden. Sie bilden für die Patienten die ruhenden Pole in der langjährigen Dauerbehandlung, zumal es in den vergangenen Jahren kaum eine Fluktuation im Team gegeben hat - ein wichtiges Zeichen für eine gute Stimmung bei der Arbeit. "Wir betrachten uns hier oft als eine große Familie und werden daher auch schon einmal von den Patienten zu runden Geburtstagen eingeladen", erzählt Kerstin Engelbrecht-Witt.
Die Dialysen werden grundsätzlich montags, mittwochs und freitags durchgeführt, und zwar auch an Feiertagen und in Urlaubszeiten. In der Regel reicht das für die Patienten aus. In akuten Notfällen, zum Beispiel an einem Wochenende, werden sie hingegen ins Westküstenklinikum Heide gebracht; das sind jedoch Ausnahmen. Neben den Fachkrankenschwestern kümmern sich immer erfahrene Oberärzte und auch jeweils ein Assistenzarzt in der Weiterbildung um die Dialysepatienten. Für die Assistenzärzte gehört die Nephrologie in Brunsbüttel zur Weiterbildung in der Inneren Medizin. "Damit verfügen wir über die volle Weiterbildungsbefugnis in diesem Fachbereich", erläutert Dr. Herrmann.
Die Gründung der Dialyse vor zehn Jahren geht besonders auf die Initiative des Chefarztes zurück. Seine Hauptanliegen sind nach wie vor, die wohnortnahe Versorgung der Patienten zu sichern und stationär aufgenommene Patienten mit Nierenversagen im WKK Brunsbüttel weiterbehandeln zu können. Der Plan ist aufgegangen, die Dialysestation im WKK Brunsbüttel wurde gut angenommen und ist mittlerweile für die betroffenen Patienten im südlichen Dithmarschen nicht mehr entbehrlich. Die Zahl der Patienten hat sich seit 2004 verdreifacht und die Zahl der Dialysen mehr als verdoppelt. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 2749 Dialysen durchgeführt.
Zwar machen die älteren Patienten die deutliche Mehrheit aus - immerhin war der bislang älteste 95 Jahre alt -, jedoch gibt es auch immer wieder jüngere Menschen, die zur Dialyse müssen. Der jüngste Patient im vergangenen Jahrzehnt war erst 38 Jahre alt. Zurzeit beträgt das Alter zwischen 49 und 88 Jahre.
Die Dialysepatienten sind chronisch krank und müssen für immer dreimal wöchentlich ins Krankenhaus. Jedoch gibt es auch Ausnahmen. "Wir verfügen hier über die Erfahrung und die entsprechende Technik, um Patienten auf eine Nierentransplantation vorbereiten zu können", berichtet Dr. Christiane Sause. Dabei arbeitet das Westküstenklinikum mit den Transplantationszentren der Universitätskliniken in Kiel, Lübeck und Hamburg zusammen. Ein Problem, so Dr. Sause weiter, sei jedoch die stark gesunkene Spendenbereitschaft der Deutschen. Sie und Dr. Herrmann appellieren daher an alle Dithmarscher, sich einen Organspendeausweis zu beschaffen, um im Falle eines Falles die Entscheidung über eine Spende nicht allein den Hinterbliebenen zu hinterlassen.
02.04.2014