Der Umgang mit multiresistenten Erregern (MRE) ist derzeit wohl eine der größten Herausforderungen für die deutschen Krankenhäuser. Für Gesunde sind die Keime meist nicht gefährlich, für immungeschwächte Patienten können sie jedoch zu einer ernsthaften Bedrohung werden. Das Nationale Referenzzentrum zur Überwachung von Klinikinfektionen geht dabei von 400.000 bis 600.000 Infektionen pro Jahr in deutschen Krankenhäusern aus. Das Westküstenklinikum (WKK) in Brunsbüttel und Heide hat sich diesem wichtigen Thema angenommen, bevor es zum Problem wird. Geschäftsführerin Dr. Anke Lasserre sagt: „Wir setzen auf gut geschultes Personal, modernste Schutzmaßnahmen und strenge Hygienevorschriften zur Verhinderung eines Ausbruchs von multiresistenten Erregern. Das Wichtigste ist die Vorsorge und Vermeidung von Vorfällen mit gefährlichen Keimen.“
Die sogenannten Krankenhauskeime sind kein hausgemachtes Problem der Krankenhäuser, sondern häufig Folge einer zu breiten Anwendung von Antibiotika, etwa in der Tierzucht, wo inzwischen 85 Prozent aller Antibiotika zum Einsatz kommen. Daher hat das WKK 2014 zwei erfah-rene Ärztinnen an den beiden Standorten Brunsbüttel und Heide zu Antibiotic Stewardship-Experten (ABS) weiterbilden lassen und ein Team gegründet, das in den Häusern zum Beispiel die Umsetzung der Resistenzstatistik in eigenen, hausinternen Listen sicherstellt. In dieser intensiven, zweijährigen Weiterbildung geht es um den gezielteren Ein-satz von Antibiotika. Im Bereich Hygiene, also der Vorsorge von Vorfäl-len mit Krankenhauskeimen, setzt das WKK auf ständige Weiterbildung, wie zum Beispiel beim jährlichen „Händetag“ an beiden Standorten. Bei dieser verpflichtenden Fortbildung wurden und werden alle Mitarbeiter geschult, insbesondere auf die richtige Handhygiene zu achten. So ist der Einsatz von Hygienemaßnahmen das oberste Gebot. Durch intensive Nutzung der in jedem Patientenzimmer angebrachten Desinfektionsmittelspender kann der Verbreitung von Keimen auf einfache Weise entgegengewirkt werden.
Für die Einhaltung der Hygienevorschriften und die Umsetzung von Hygienemaßnahmen ist im WKK zusätzlich eine große Zahl gut ausgebildeter Fachkräfte verantwortlich. Darüber hinaus verfügt das WKK mit Oberärztin Dr. Christiane Sause über eine Fachärztin, die eine ebenfalls zweijährige Fortbildung zur Krankenhaushygienikerin macht. Sie sagt: „Zuerst wollen wir alles dafür tun, dass Antibiotika-resistente und damit gefährliche Keime gar nicht krank machen können, weil wir ihre Übertragung und die Entstehung von Resistenzmechanismen ganz und gar vermeiden helfen wollen. Wenn im Einzelfall der Einsatz von Antibiotika notwendig wird, sind wir uns sehr bewusst, diese differenziert und zielgenau einsetzen zu müssen.“ Antibiotika an sich seien segensreich, wenn sie nach Art des Erregers, empirischem Wirkungsspektrum, oder besser im mikrobiologischen Labor nachgewiesener Wirksamkeit, und zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Dr. Sause: „Wichtig ist, dass wir im Team beim WKK das Thema vorantreiben und die Sensibilität rund um die Hygiene immer weiter entwickeln."
Vernetzung und Informationsaustausch sind auch in Hygienefragen entscheidend. Das WKK verfügt über eine regelmäßig tagende interne Hygienekommission. Es ist Teil eines Netzwerkes in der Region, dem sogenannten MRE-Netzwerk, das dabei hilft, Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Zu den Vorsorgemaßnahmen zählt auch, dass bereits seit 2007 bei von multiresistenten Erregern besonders gefährdeten Patientengruppen ein Eingangsscreening durchgeführt wird. Durch diese Maßnahme können die Patienten dann vorsorglich isoliert und die Antibiotika-unempfindlichen Bakterien in einem Stadium des bloßen Vorhandenseins ohne Krankheitsbedeutung durch eine besondere Behandlung saniert werden. So können eine Übertragung auf Mitpatienten und eine echte Infektion beim Träger, der sich zum Beispiel einer Operation unterziehen muss, verhindert werden.
Milica Djuric-Wucherpfennig ist die externe Hygienemanagerin des WKK und verfügt über eine 25-jährige Erfahrung. Sie sagt: „Wir prüfen von außen regelmäßig, ob die getroffenen Maßnahmen umgesetzt wurden und helfen dabei, dass sich das WKK stetig fortentwickelt. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist enorm wichtig, um das hohe Niveau der Maßnahmen sicher zu stellen und immer weiter zu entwickeln."
Geschäftsführerin Dr. Anke Lasserre betont den hohen Anspruch, den das WKK an die Hygiene und damit die Vorsorge in den beiden Kliniken in Brunsbüttel und Heide stellt. Dass die Klinik frühzeitig mit einem Bündel an Maßnahmen auf die steigenden Anforderungen im Bereich der Krankenhaushygiene reagiert hat, zahlt sich aus. Bereits seit zwölf Jahren hat es in den beiden Häusern keinen Ausbruch multi-resistenter Erreger mehr gegeben. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, setzt das WKK vor allem auf stetige Weiterbildungsmaßnahmen und gut ausgebildetes Fachpersonal. So hat das WKK frühzeitig gesetzliche Anforderungen umgesetzt. Doch können die Kliniken dieses Problem nicht allein bewältigen. So fordert Dr. Lasserre, dass medizinische Einrichtungen flächendeckend ihre Fortbildungs- und Schulungsangebote verbessern: „Darüber hinaus brauchen wir in Zukunft vor allem einen sinnvolleren Umgang mit Antibiotika in vielen Bereichen und zugleich die Diskussion mit den Kostenträgern zur stärkeren Unterstützung der Finanzierung von Hygienemaßnahmen. Wir vom WKK gehen mit dem Thema Hygiene offensiv um und haben im Team viel erreicht. Unseren Ärzten und Pflegefachkräften ist bewusst, wie wichtig Hygiene ist.“ Wenn alle Mitarbeiter in Krankenhäusern das Thema Hygiene sehr ernst nähmen, wäre der Einsatz von Antibiotika zur Behandlung von Keim-Befallenen weniger notwendig. Dr. Lasserre: „Dass wir zugleich den differenzierten Einsatz von Antibiotika organisieren, falls er notwendig wird, ist neben der Hygiene das zweite wichtige Thema. Daher setzten wir alle Energien dafür ein, dass wir die Fachkompetenz dazu überall im WKK haben."
02.04.2015