14.02.2025

Kinder- und Jugendpsychiatrie - Wie Babys Kindern und Jugendlichen helfen können

In der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an den Westküstenkliniken unterstützen seit 15 Jahren Säuglinge mit einem Elternteil bei der Therapie von Kindern- und Jugendlichen. Die Begegnung mit den Babys stärkt die Empathiefähigkeit der jungen Patientinnen und Patienten.

Felina läuft fröhlich durch das Turn- und Musikzimmer des Watt’n Huus, der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an den Westküstenkliniken in Heide. Sie genießt die Aufmerksamkeit der vielen Kinder und Erwachsenen, die um sie herum in einem Halbkreis sitzen. Das 13 Monate alte Mädchen jauchzt und dreht sich mit einem breiten Lächeln zu ihrer Mutter um. 

Felina hat gerade einen ihrer letzten Einsätze als B.A.S.E-Babywatching-Kind. Knapp ein Jahr lang, war sie mit ihrer Mutter regelmäßig in die Tagesklinik gekommen, um sich anhand ihrer Entwicklungsschritte und mit der Zeit dann einfach fröhlich oder auch mal quängelnd durch den Raum zu krabbeln und sich von den jungen Patientinnen und Patienten der Einrichtung dabei beobachten zu lassen. Die Kinder, die jetzt Felina zuschauen, sind keine Patienten. Sie waren genauso wie Felina als Babywatching-Säugling mit Mutter oder Vater im Einsatz. Sie haben sich getroffen, um das 15-jährge Bestehen dieses besonderen Gruppenangebots an den Westküstenkliniken zu feiern. 

11 von insgesamt 16 Kindern im Alter zwischen 13 Monaten und 15 Jahren waren auf Einladung von Indra Benz (Kinderkrankenschwester, B.A.S.E.- Trainerin) und Sascha Peters (Erzieher, syst. Berater und als B.A.S.E.- Gruppenleiter von Frau Benz ausgebildet) ins  Watt’n Huus gekommen. Die beiden Mitarbeiter haben die Methode vor 15 Jahren in Heide etabliert.

„Beim B.A.S.E.-Babywatching handelt es sich um ein bindungsorientiertes Präventions-Programm, mit dem wir Feinfühligkeit und Empathie fördern können, indem die Kinder und Jugendlichen lernen Gefühle immer besser deuten zu können. Auf diese Weise wird ihre Empathiefähigkeit nachhaltig gefördert, ängstlichem und aggressivem Verhalten vorgebeugt bzw. ein Weg aus dem ggf. vorhandenen Verhalten heraus geschult.“

Wie das funktioniert, zeigt Indra Benz bei dem Jubiläumstreffen. Sie fragt die Teilnehmenden der Reihe nach ab, was Felina fühlt, wie die Mutter reagiert und warum beide sich so verhalten.

„Sich auf das kleine Kind in ihrer Mitte einzulassen, beruhigt selbst sehr unruhige Kinder und wir können gezielter auf sie eingehen“, erzählt Sascha Peters. „Wir nutzen das Babywatching daher auch für die Diagnostik.“

,,Wir beobachten, dass die uns anvertrauten PatientInnen dieses spezielle Gruppenangebot als sehr wohlwollend erleben und durch die entspannte Gruppenatmosphäre ein gemeinsames Erleben mit allen Sinnen schafft, das schafft Verbindung untereinander und fördert die Gemeinschaft und Gruppenfähigkeit. Manche PatientInnen wachsen sogar zu richtigen ,,Gefühls-Experten“ heran und spüren in sich wachsendes Vertrauen und Zuversicht, ebenso wächst ihre Reflexionsfähigkeit und ihr Sprachrepertoire. Unsichere und zurückgezogene Kinder werden mutiger, hyperaktive und oppositionelle Kinder werden entspannter und konzentrierter. Für einige PatientInnen hat sich über diese Erfahrung auch der Weg in eine pflegerische oder pädagogische Ausbildungsrichtung entschieden“, berichten Indra Benz und Sascha Peters gleichermaßen begeistert.

Eingesetzt wird das B.A.S.E.-Babywatching sowohl in Kitas und Schulen als auch in anderen Einrichtungen. Die Methode geht zurück auf den amerikanischen Kinderpsychiater und Aggressionsforscher Henri Parens. Der renommierte Bindungsforscher Karl Heinz Brisch hat daraus dann ein Schulungsprogramm entwickelt, nachdem auch die Tagesklinik in Heide arbeitet. 

Die Abkürzung B.A.S.E. steht dabei für die englischen Begriffe Babywatching against Agression and Anxiety for Sensitivity for Empathie – also für die Ziele, die damit verbunden sind: Aggressions- und Angstabbau sowie die Steigerung von Sensibilität und Empathie.

„Die Wirksamkeit der Methode ist durch entsprechende Studien nachgewiesen. Kinder, die am B.A.S.E.- Babywatching teilgenommen haben, gehen später sensibler und einfühlsamer mit ihren Mitmenschen um“, erzählt Indra Benz. 

Und was macht das mit den Babys und ihren Müttern/Vätern, die sich anschauen lassen? 

„Die Mütter/die Väter empfinden den Termin in der Regel als angenehm und nennen es ihre Qualitätszeit und ihren Kindern scheint das intensive Zusammensein mit der Mutter/dem Vater auch zu gefallen“, so Indra Benz. 

Wer Felinas Lachen sieht, glaubt das sofort.  

Treffen der Generationen: Felina mit Mutter Bettina Friccius-Lahrssen zusammen mit dem ersten Babywatching-Kind Annika mit ihrer Mutter Dagmar Bauer.

Treffen der Generationen: Felina mit Mutter Bettina Friccius-Lahrssen zusammen mit dem ersten Babywatching-Kind Annika mit ihrer Mutter Dagmar Bauer.